
Die Teilnahme am Talentpool lohnt sich nicht nur für die Jugendlichen, sondern auch für die Betriebe, die auf diesem Weg an Auszubildende kommen können und sich bei den jungen Menschen bekannt machen können. Deshalb freut sich das Netzwerk Schule, Wirtschaft und Wissenschaft, dass es den Talentpool nun auch wieder in Cuxhaven ausrichten konnte und mit dem EntwicklungsLotsen Marco Ruhlkötter ein passender Projektleiter gefunden wurde.
EntwicklungsLotse Marco Ruhlkötter
Als EntwicklungsLotse (www.entwicklungslotse.de) begleitet Marco Ruhlkötter Firmen und Führungskräfte auf ihrem Weg zu erfolgreicher Arbeit. Beim Talentpool hatte er die nachwachsende Basis vor sich, die sich gerade erst auf den Weg ins Berufsleben macht. Um sich auf die Zielgruppe vorzubereiten, überprüfte er sein Konzept mit seiner Tochter, die ebenfalls in der neunten Jahrgangsstufe ist – leider an einer anderen Schule, denn sie war so begeistert, dass sie gerne teilgenommen hätte. Für die Kinder von Marco Ruhlkötter sind derartige Erfahrungen nicht unbekannt: Seine beiden älteren Söhne unterstützten ihn bereits bei seinem Buch „Schule fertig – Was jetzt?“ (auf Amazon öffnen), mit dem Jugendliche ab zwölf Jahren sich auf ihre beste Zukunft vorbereiten können.
Bei diesem Talentpool hat er das erste Mal mit unserem Netzwerk zusammengearbeitet und seine Grundlage für die Arbeit mit den Jugendlichen war: „Ihr seid in eurer Blase in der Schule und ich möchte euch in andere Lebenswelten führen.“ Im Nachklang stellt er zufrieden fest: „Das Konzept ist voll aufgegangen. Die Jugendlichen haben sich auf den Talentpool eingelassen und waren motiviert.“
Breite Auswahl an Berufsbildern für 22 Jugendliche
Kaum war das Projekt am Amandus Abendroth Gymnasium bekannt, war die Teilnehmerliste auch schon voll. Gerne hätten mehr Jugendliche mitgemacht. Die 22 Teilnehmer aus der 9. Jahrgangsstufe (drei Klassen) konnten Mitte Juni für vier Tage ihre Wünsche, Bedürfnisse und Stärken ausloten, um besser für die Berufswahl gewappnet zu sein.
Im Gegensatz zum früheren Konzept des Talentpools fand das Projekt diesmal nicht in den Ferien, sondern in der Schulzeit statt. Das ermöglichte eine Betreuung durch die Lehrkräfte, die mit eingebunden werden konnten.
Sechs Betriebe deckten eine breite Auswahl an Berufsmöglichkeiten ab: Sowade (Holzbau, Dach, Solar), Technologie und Ausbildungscampus Cuxhaven (TAC), Autohaus Köster, Niedersachsen Ports (Gestalter Hafenlandschaft, 15 Standorte) und Physiotherapie Daniela Braun, die ihre Praxis in der Helios Klinik hat und somit das Interesse der Jugendlichen am medizinischen Bereich mit abdecken konnte. Das Havenhostel war in einer Doppelrolle vertreten: Es konnte nicht nur am Mittwoch besucht werden, sondern diente am Montag auch als Gastgeber. An den anderen Tagen wurde das Haus der Jugend genutzt.
Gastgeber Havenhostel: „Wir sind ein Ausbildungsbetrieb und präsentieren uns gerne.“
Das Havenhostel, eine Mischung aus Hotel und Hostel, war am Montag Gastgeber für die ersten Vorträge und Gruppenarbeiten, in denen die Jugendlichen ihre Stärken und Wünsche ergründeten. „Alle haben eifrig geschrieben und Marco Ruhlkötter hat sehr gut vorgetragen“, sagt Hoteldirektor Axel Schneider, der zwischendurch nach seinen besonderen Gästen geschaut hatte.
Als am Mittwoch die Betriebe besucht wurden, stand das Havenhostel selbstverständlich auch auf der Liste. Drei Schülerinnen kamen mit einer Lehrerin, um sich den Betrieb und die Ausbildungsmöglichkeiten im Haus zeigen zu lassen. Zum Auftakt gab es ein Ratespiel: Was schätzt ihr, wie viele Gäste pro Jahr kommen? Und woher? Nachdem die Schülerinnen auf diese Art einiges über das Hostel erfahren hatten, wurden sie durch die verschiedenen Bereiche des Hauses geführt, bis man sich zum Gespräch auf der Dachterrasse zusammensetzte.
„Wir sind ein Ausbildungsbetrieb und zeigen uns gerne bei Veranstaltungen und auch im Internet“, sagt Axel Schneider. Er sieht dabei nicht nur die Möglichkeit, die Jugendlichen zu erreichen, die bei ihm sind, sondern er sagt auch gerne dazu, dass die Jugendlichen ihre Erfahrungen gerne weitergeben können. „So funktioniert das!“, sagt er überzeugt, denn so könne sich in der Schule herumsprechen, dass das Havenhostel ein moderner, offener und junger Betrieb ist. Bei einer Teilnehmerin hatte er sogar das Gefühl, dass sie interessiert ist. „Ich mache auch gerne den Vorschlag, dass sie in den Ferien freiwillig ein Praktikum machen können. Das überrascht manchmal, weil den jungen Menschen diese Möglichkeit nicht immer bewusst ist.“
Neben der Suche nach Auszubildenden und Mitarbeitern ist Axel Schneider noch ein anderer Punkt wichtig: „Die sollen sich auch freuen, wenn sie hier sind. Ich erinnere mich gut an die Zeit. Vieles ist peinlich. Es ist ein schwieriges Alter. Die sollen es gut hier haben.“

Sowade – ein Highlight für die Teilnehmer
„Ich sehe es als meine Aufgabe, für Nachwuchs im Handwerk zu sorgen, damit wir das in der Region weiterhin haben“, sagt Fabian Sowade, einer der Geschäftsführer des gleichnamigen Familienunternehmens für Holzbau und Dach in der zweiten Generation. Er möchte für das Handwerk begeistern und zeigen, dass man ist Handwerk gehen könnte. „Es muss ja nicht zwangsläufig bei uns sein“, sagt er und zeigt damit, dass er größer denkt und die ganze Region und das gesamte Handwerk im Kopf hat – obwohl er gar nicht der Handwerker in der Geschäftsführung ist. „Das Handwerk bietet sehr gute Chancen und ist eine Alternative zu Studium. Ich habe es bei meinem Bruder gesehen. Ich habe studiert, er hatte in der Ausbildung ab Tag 1 einen Mehrwert und hat richtig was gelernt.“
Um die jungen Leute zu erreichen, schreibt er auch selbst Schulen an und schlägt einen Besuch im Betrieb vor. „Vor Ort ist besser als nur ein Vortrag in der Schule“, sagt er und warum er so denkt, wird schnell klar: Bei einem Besuch kann er die Jugendlichen durch die Fertigungshalle führen und die Produktionsanlage zeigen und nicht nur sagen, was man dort sieht, sondern auch warum es da steht und was damit gemacht wird. Und weil Handwerk weniger mit Worten und mehr mit Händen zu tun hat, leitet er dann zum praktischen Teil über: „Für ein Einfamilienhaus haben wir leider nicht genug Zeit, aber für ein Vogelhäuschen reicht’s!“ Kein Wunder, dass die Besuche in seinem Betrieb so beliebt bei den jungen Menschen sind.
„Es geht auch darum, Vorurteile aus den Köpfen zu holen“, sagt Fabian Sowade. „Wenn ich danach frage, wird meistens schlechte Bezahlung und körperliche Anstrengung genannt – und das war früher auch so.“ Bei jedem Besuch hat er die Möglichkeit, die Vorurteile abzubauen und genau wie Axel Schneider geht auch er davon aus, dass er dabei mehr Jugendliche erreicht als nur die, die gerade anwesend sind. Natürlich kann auch er gleich die Möglichkeit für ein Praktikum anbieten: „Ob für einen Tag oder zwei Wochen, das ist egal. Kommt einfach vorbei!“


Talentpool bring junge Menschen voran
„Die Rückmeldungen der Jugendlichen waren sehr gut“, sagt Lehrerin Sarah Stefaniak, die am Amandus Abendroth Gymnasium für die Berufsorientierung zuständig ist und den Talentpool von Anfang bis Ende mitgeplant und betreut hat. „Wir haben uns für die neunte Klasse entschieden, weil bereits einige nach der zehnten Klasse mit dem Realschulabschluss abgehen möchten und noch nicht wissen, wohin die Reise geht.“ Mit dem Talentpool konnten jetzt Wege aufgezeigt werden. Aber auch für mögliche Abiturienten hat sich der Blickwinkel erweitert, denn ein Studium ist keine Verpflichtung nach dem Abitur – auch für sie ist das Handwerk eine Möglichkeit.
Ob nun Realschulabschluss oder Abitur der geplante Weg ist, für alle stehen bald die Praktika an. „Da konnten jetzt Ängste abgebaut werden. Die ersten Kontakte sind da und die Schülerinnen und Schüler wissen, dass die Türen der Betriebe geöffnet sind.“ In der Zusammenarbeit mit den Betrieben konnte die Schule über die allgemeine Theorie hinausgehen und den jungen Menschen eine deutlich bessere Unterstützung bei der Berufsorientierung geben als es nur im Klassenraum möglich gewesen wäre.
„Der Talentpool hat gezeigt: Nach der Schule kommt etwas und das ist nicht schlimm“, sagt Sarah Stefaniak. „Es hat viele vorangebracht“, fasst sie zusammen und ist sich sicher: „Wir wollen den Talentpool auf jeden Fall auch nächstes Jahr wieder anbieten. Der Bedarf ist da!“
Hilfe und Unterstützung
Gisela Tjarks hat wieder gern den Fahrdienst unterstützt, damit die Jugendlichen am Mittwoch in die Betriebe kommen konnten. Denn das hat immer einen besonderen Reiz: „Das hat mir wieder viel Freude gemacht, da ich die positiven Rückmeldungen, ihr Interesse und die Gedanken für die Zukunft im Gespräch erleben konnte.“ Die Stimmung unter den Schülern und Schülerinnen sei ausgesprochen gut gewesen. „Sie erzählten sehr angetan von den Betriebsbesuchen. In jedem Fall gab es viele neue Eindrücke und es war sehr anregend für sie.
Günster Feuster von der IHK Elbe-Weser lobt den Talentpool ebenfalls. „Auf der einen Seite haben Betriebe die Möglichkeit, sich zu zeigen und einen ersten Kontakt zu Ausbildungswilligen herzustellen, auf der anderen Seite bringt der Talentpool den Schülern die Ausbildungswelt näher“, sagt er und ergänzt: „Etwas in der Praxis zu erleben ist immer besser, als wenn man es nur liest oder erzählt bekommt.“
Fazit des EntwicklungsLotsen Marco Ruhlkötter
Marco Ruhlkötter ist zufrieden mit dem Verlauf des Talentpools, nimmt aber dennoch eine Verbesserungsmöglichkeit mit ins nächste Jahr: „Ich hätte gerne mehr Betriebe dabei gehabt. Es wäre besser gewesen, ein Vierteljahr früher mit der Planung zu beginnen, um allen Zeit zur Reaktion zu geben.“ Dem steht nichts im Wege, denn auch Horst Lüdtke, der Geschäftsführer unseres Netzwerks, sagt zustimmend: „Es ist sehr gut gelaufen.“ So kann der Talentpool sich nun hoffentlich unter Leitung von Marco Ruhlkötter in Cuxhaven etablieren und schon im kommenden Jahr wieder stattfinden.
Text Janina Berger, Fotos Talentpool und Havenhostel