Berufsorientierung in der Waldschule Hagen ist bei Jugendlichen und Firmen gleichermaßen beliebt.

Berufsorientierung in der Waldschule Hagen ist bei Jugendlichen und Firmen gleichermaßen beliebt.

Im ersten Quartal 2024 trafen in der Waldschule Hagen rund 20 Firmen und 200 Schülerinnen und Schüler aufeinander, um Berufe vorzustellen und kennenzulernen. Warum dieser Berufsorientierungstag so erfolgreich ist, berichten Oberstufenkoordinator Burkhard Overbeck und der ehemalige Schüler Karim Zanaty, einer derjenigen, die zu diesem Tag an die Schule zurückkehren, um der jetzigen Generation seine Erfahrungen mit der Arbeitswelt nahe zu bringen

Grundlagen zum Berufsorientierungstag

Als Burkhard Overbeck die Oberstufenkoordination übernahm, war der Markt der Möglichkeiten bereits gut eingeführt. In Teamarbeit haben die beteiligten Lehrkräfte die Berufsorientierungsmesse seitdem stetig weiter ausgebaut und dafür gesorgt, dass die Aussteller gerne kommen. Die Jugendlichen aus den Jahrgängen 10, 11 und 12 nehmen am Markt der Möglichkeiten teil, der 13. Jahrgang will lieber unterrichtet werden und sich auf das Abitur vorbereiten, zumal die meisten ohnehin schon wissen, wie es für sie weitergehen soll. Wer unsicher ist, darf aber selbstverständlich die Gelegenheit zur Berufsorientierung nutzen.
Die Firmen halten Kurzvorträge zum Thema, jeder Jugendliche sucht sich drei Beiträge raus, die er gerne hören möchte. Damit nicht einige Vorträge überlaufen und andere schwach besucht sind, tragen die Jugendlichen sich im Vorfeld in eine Liste ein. Den Vorrang hat dabei der 12. Jahrgang.
Die Firmen kommen gerne zu Waldschule Hagen, weil sie die Art und Weise schätzen, wie die jungen Menschen sich geben. Im Vergleich zu anderen Messen gibt es viele Gespräche an den Informationsständen und das Interesse ist deutlich spürbar. „Die Aussteller berichten, dass sie woanders oft den Eindruck haben, die Schüler würden ihren Arbeitsauftrag abarbeiten und stellen nur die drei Standardfragen.“ Warum läuft das in der Waldschule Hagen anders, obwohl die gezielte Vorbereitung auf den Tag nicht besonders hoch ist?

Selbstbewusstsein wächst nicht an einem Tag

„Seid neugierig! Fragt nach! Die freuen sich über ein Gespräch. Ihr fallt denen nicht zur Last. Die sind genau dafür hier.“ Mit diesen Worten stimmt Burkhard Overbeck die Jugendlichen auf den Markt der Möglichkeiten ein und nimmt ihnen damit eventuell vorhandene Hemmingen. „Redet auch mit denen, die euch nicht auf den ersten Blick interessieren“, denn schließlich kann man nie wissen, was sich daraus ergibt. Darüber hinaus gibt es wenig Vorbereitung. Im Politikunterricht findet die Auswahl statt, welche Vorträge man hören möchte, eventuell gibt es dort auch kurze Gespräche dazu, doch mehr ist nicht nötig. Die Grundlagen für die offene und selbstbewusste Haltung der Jugendlichen sind nämlich längst gelegt: „Wir reden in der Oberstufe sehr auf Augenhöhe. Sie sind es gewohnt, dass wir uns mit ihnen auseinandersetzen“, sagt Burkhard Overbeck und fügt an: „Vielleicht ist deswegen die Hemmschwelle gegen über den Ausstellern niedrig.“

Der Welt etwas zurückgeben

Zum Markt der Möglichkeiten kamen rund 10 ehemalige Schülerinnen und Schüler zurück an ihre alte Schule, um der nachfolgenden Generation ihre Erfahrungen mit der Ausbildung und aus der Berufswelt zu erzählen und Fragen dazu zu beantworten. Die meisten von Ihnen wohnen in der Nähe, doch das gilt nicht für alle: Karim Zanaty ist aus Trier angereist. Auf der Suche nach Auszubildenden für die Firma linrob automation (Robotic und Software) ist er nicht, deshalb ist er umso glücklicher, dass sein Vorgesetzter das unterstützt und ihn in den Norden fahren lässt. Schon vor rund 10 Jahren während der Ausbildung in Bremerhaven kam er regelmäßig zum Markt der Möglichkeiten, während des Studium passte es nicht. Jetzt hat er Jobs zu empfehlen und kann den jungen Menschen Mut machen, erstmal loszugehen, auch wenn sie noch nicht genau die Richtung kennen.
Warum kommt Karim Zanaty zurück an seine alte Schule, wenn er doch gar nichts sucht? „Es sind die guten Erinnerungen, das Beibehalten des Kontakts zu den Lehrkräften und der Wunsch, der Welt etwas zurückzugeben“, sagt er. Und wo geht das besser als an der Schule, die dazu beigetragen hat, eine gute Grundlage für das weiterführende Leben zu legen?

Von der Ausbildung zum Studium – der lange Weg einer glücklichen Berufsfindung

Seinen Vortrag gestaltet Karim Zanaty zur Hälfte zu seinem Beruf als Entwickler für Robotik und Software, in der anderen Hälfte geht es um berufliche Werdegänge, denn dazu hat er dank seines Lebenslaufes auch einiges zu sagen, was den Druck der Entscheidung für die jungen Menschen abmindern kann. Karim Zanaty hatte als Schüler nicht die Gelegenheit am Markt der Möglichkeiten teilzunehmen. Er machte sein Abitur im Jahr 2012, es war das Jahr, an dem der Markt das erste Mal stattfand. Zu dem Zeitpunkt hatte er schon einen Ausbildungsplatz gewählt: als Biologielaborant beim AWI (Alfred-Wegener-Institut). Auf der Messe in Bremen hatte er den Beruf bei einem Test empfohlen bekommen und wusste zwar noch nicht so recht etwas damit anzufangen, ist den Weg aber erstmal gegangen. Mit abgeschlossener Ausbildung im Jahr 2015 begann er ein Studium biomedizinischer Technik in Rostock und wechselte als Bachelor nach Dresden und auch erneut das Berufsbild, erst in Richtung Konstruktion und dann zu Softwareentwicklung und Robotik. Letztes Jahr zog er dann nach Trier zu linrob automation (Firma in Bayern) und fühlt sind nun angekommen. „Ich habe acht bis neun Jahre gebraucht, bis ich den Job gefunden habe, der mir gefällt“, sagt er den jungen Menschen und zeigt damit, dass die Entscheidung jetzt nicht zwangsläufig für den Rest des Lebens gelten muss. „Man muss nicht direkt wissen, was man in der Zukunft macht.“

Burkhard Overbeck eröffnet den Markt der Möglichkeiten in der Waldschule Hagen.

Burkhard Overbeck eröffnet den Markt der Möglichkeiten in der Waldschule Hagen.

Kleine und große Aussteller von nah und fern

Das breite Spektrum an Firmen und Ausstellern macht den Markt der Möglichkeiten für die Jugendlichen besonders wertvoll. Regionale Firmen und global Player wie Mercedes und Thyssenkrupp treffen sich in der Waldschule Hagen. Manchmal erfüllt ein Aussteller gleich beide Kriterien – wie der „Supermarkt um die Ecke“, auch bekannt als LIDL. Die große Bandbreite zeigt Berufe zu Ausbildung und Studium und geht über Branchen wie Logistik, Elektrotechnik und Banken. Ein kleiner Aussteller hat bereits die Sorge geäußert, bei der wachsenden Messe aus dem Boot zu fallen und nicht mehr eingeladen zu werden: die Kunstschule Wandsbek (Hamburg). „Das wäre ganz schade!“, sagen die Betreiber, die gerne für den einen Vormittag nach Hagen an die Waldschule fahren, um sich vorzustellen. Burkhard Overbeck konnte die Kunstschule beruhigen: „Sie schließen die Kunstlücke“, sagt er – und das zeigt, wie breit das Spektrum tatsächlich ist.
Dass die Aussteller so gerne zum Markt der Möglichkeiten kommen, liegt in erster Linie natürlich an den interessierten Jugendlichen, aber für die gute Atmosphäre sorgt noch ein anderer Punkt: „Wir öffnen die Kantine für Aussteller, um es ihnen möglichst nett zu machen. Alle sollen sich wohlfühlen.“

Erfolgskonzept mit wachen Jugendlichen wird beibehalten

Wegen der zufriedenen Rückmeldungen der Aussteller und den Schülerinnen und Schülern, die zu ihrer ehemaligen Schule zurückkommen, um der nächsten Generation in den Sattel zu helfen, ist für Burkhard Overbeck klar: „Das zeigt, dass diese Messe tatsächlich funktioniert.“ Ein weiterer Beweis dafür ist die steigende Zahl der Aussteller. „Es werden mehr und mehr, wir kommen langsam an Grenzen Aber noch sind die Grenzen nicht erreicht!“ Karim Zanaty äußert den Eindruck, dass der Vormittag zu kurz ist und regt an, den Nachmittag dazuzunehmen, doch Burkhard Overbeck lehnt das ab: „Mehr Zeit passt nicht in den Schüleralltag. Sie sind so schon übersättigt, es hätte keine Vorteile, es länger laufen zu lassen.“ Ein besonderer Pluspunkt dieser Messe sind ja gerade die besonders wachen Jugendlichen, die sich voller Interesse umschauen. Also bleibt es beim Vormittag, auch beim nächsten Markt der Möglichkeiten, der voraussichtlich Ende Januar 2025 stattfindet.

Text Janina Berger, Fotos Waldschule Hagen

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