Gespräch mit Claus Brüggemann, Vorsitzender des Vereins Netzwerk Schule, Wirtschaft und Wissenschaft
BREMERHAVEN. Zu wenig Fachkräfte und zu wenig junge Menschen – in Betrieben der Stadt und der Region herrscht bereits Mangel an Ingenieuren, in der Metall- und der Elektro-Branche, im Handwerk und allem voran im Pflege-Bereich. Mehr Schüler für Jobperspektiven in Unternehmen und mehr Betriebe für Kooperation mit Ausbildern zu interessieren, hat sich das Netzwerk Schule, Wirtschaft und Wissenschaft für die Region Unterweser auf die Fahnen geschrieben. Wie, erklärt Vorsitzender Claus Brüggemann. Redakteurin Susanne Schwan.
Herr Brüggemann – „Netzwerk“ ist ein viel strapazierter Begriff. Was ist gemeint, denn Kooperationen gibt es in Bremerhaven zwischen den Schulen und zum Beispiel Hochschule, Awi, Jobcenter und vielen Betrieben doch längst…
Wir wollen noch mehr Brücken schlagen – unterstützend, nicht als Konkurrenz zu schon bestehenden Initiativen, mit Erfahrungsaustausch, Weiterbildung, Praktika und Projekten. Zwischen Unternehmen und Schulen wird meist doch mehr über- statt miteinander gesprochen, länderübergreifend schon gar nicht. Das Problem ist aber, wir haben hier einen rapide abnehmenden Bestand an jungen Menschen, obwohl wir ein prosperierender Standort sind. Das Netzwerk knüpft Kontakte, um die jungen Leute hier zu halten, die sonst abwandern würden. Wir sind da in massivem Wettbewerb mit Monopol-Regionen wie Hamburg. Da müssen wir dran bleiben.
Und wie? Wie kann das Netzwerk Jugendliche für das Thema Wirtschaft begeistern?
Zum Beispiel mit Projekten wie dem „Talentpool“. Damit nehmen wir Schüler der 9. und 10. Klasse an die Hand, die beruflich noch ziellos sind. In den Ferien arbeiten sie vier Tage freiwillig mit einem Personaltrainer an ihrer Motivation, ihrem Selbstverständnis, und besuchen Betriebe. Von den bisher 68 Schülern hat ein Drittel schon einen Ausbildungsvertrag, helle Köpfe werden da schnell weg gegriffen. Oder das Planspiel „Management Information Game“: Zehntklässler gründen spielerisch eine Aktiengesellschaft, übernehmen Rollen als Vorstand, Controller, Vertriebschef. Und derzeit bringen wir Jugendliche auch gezielt mit Lebensmitteltechnologie zusammen…
…warum gerade mit dieser Branche?
Um zu zeigen, dass hier nicht nur für Fisch ein attraktiver Standort ist. Und die Ausbildung in Lebensmitteltechnologie ist zurzeit in schwierigem Fahrwasser, weil es zu wenig Interessenten gibt.
Das Netzwerk hat zurzeit 50 Mitglieder – Betriebe, Institutionen, Cuxland-Gemeinden, wie wollen Sie die mit Schulen verbandeln?
Indem wir die Lehrer interessieren, sie informieren und aufzeigen, welche Chancen sich in der ganzen Region bieten. Wir wollen, dass wirtschaftliche Kompetenz Teil der Allgemeinbildung wird und versuchen das auch der senatorischen Behörde klar zu machen. In Niedersachsen, Bayern und Baden-Württemberg gibt es das Schulfach an allgemeinbildenden Schulen schon. Das auch für Bremerhaven anzuschieben, ist unser Ziel.
Wie finanziert sich die Arbeit des Netzwerks? Der Verein unterhält ja auch eine Geschäftstelle …
Es gibt Mittel der Agentur für Arbeit, Spenden und die Mitgliedsbeiträge. Schüler zahlen für die Projekte nichts. In erheblichem Maß werden wir bis 2014 durch öffentliche Mittel vom Senator für Wirtschaft gefördert. Bis dahin müssen wir so etabliert sein, dass wir uns allein aus Mitgliedsbeiträgen finanzieren können.