Die Arctic Rest Pillow AG stellt sich den Fragen der „Einkäufer“.

Die Arctic Rest Pillow AG stellt sich den Fragen der „Einkäufer“.

Mitte April 2024 fand das beliebte Unternehmerspiel MIG (Management Information Game) bei der mittelständischen Firma Astro Motoren in Langen statt. 18 Schülerinnen und Schüler des 10. Jahrgangs vom Gymnasium Langen leiteten aufgeteilt in drei Gruppen als Vorstände einer Aktiengesellschaft jeweils eine Firma. Über die Woche hielten Referenten aus regionalen Betrieben und der BIS Vorträge über verschiedene Aspekte der Wirtschaft wie Rechnungswesen, Marketing, Betriebsführung und auch Bewerbung. Am Donnerstag stellten die „Firmenvorstände“ ein theoretisch entwickeltes Produkt vor einer „Einkäufergruppe“ vor – die Gruppe bestand aus Eltern, Netzwerkmitgliedern, Politikern und Personalverantwortlichen aus regionalen Betrieben. Durch das Spiel führte Thomas Kühn vom Bildungswerk der Niedersächsischen Wirtschaft.

Das Spiel: Die Vorstände präsentieren ihr Produkt

Arctic Rest Pillow, CoolKnight und Exellectric – so hießen die drei Aktiengesellschaften, die am 18. April die rund 50 „Einkäufer“ von ihrem Produkt überzeugen wollten: ein kühlbares Kopfkissen, das neben etlichen Spezifikationen auch über Sprachsteuerung zu bedienen sein sollte. Das Kernstück der Verhandlungen war die Präsentation mit der anschließenden Fragerunde, zusätzlich gab es noch Flyer, eine Website oder Social Media, Videos und sogar Schokoladenstückchen. Jede Aktiengesellschaft hatte ihrem Kissen noch eigene Features mitgegeben: Die ersten setzten auf Natur und wollten auch Angstzustände lindern , die zweiten hatten einen speziellen Flex-Akku entwickelt und die dritten sagten: „Kühle Köpfe ruhen besser.“ Alle drei Gruppen waren gut vorbereitet und so ist es kein Wunder, dass zum Schluss zwei Gruppen den ersten Platz belegten. Einen kleinen Einblick in die Fragerunde sehen Sie in den Videos am Ende des Berichts.
„Alle haben gut mitgearbeitet. Sie haben ihre Prozesse so gut organisiert, dass ich lange Leine lassen konnte“, berichtet Spielleiter Thomas Kühn. Statt der üblichen sechs Spielrunden habe er acht Spielrunden durchführen können. „Das war eins der schönsten Spiele der letzten Jahre“, sagt er begeistert.

Spielleiter Thomas Kühn war begeistert von den motivierten Aktienvorständen.

Spielleiter Thomas Kühn war begeistert von den motivierten Aktienvorständen.

Politik: Deutschland lebt vom Mittelstand

Unter den „Einkäufern“ war auch Henrik Wärner, Bürgermeister aus der Nachbargemeinde Schiffdorf. „Jetzt passte es in meinen Kalender und das Netzwerk ist ja überregional, sagt er und hatte so die Gelegenheit, erstmalig dem MIG beizuwohnen. Ihn trieb nicht nur seine Neugier auf das Unternehmerspiel, sondern auch ein weiterer Punkt: „Es geht auch darum, den jungen Menschen Wertschätzung entgegenzubringen“, sagt er. „Die Schülerinnen und Schüler machen mehr, als sie im Unterricht machen müssen.“ Auch wollte er sehen, wie die Jugend tickt – und er freut sich über das Ergebnis: „Gut, dass sie sich Gedanken machen.“ Beeindruckt ist er auch von der Breite der Tätigkeiten der Jugendlichen und sieht auch gleich den Vorteil: „Bei den vielfältigen Aufgaben findet jeder sein Talent im Team.“
Als Politiker schaut er weit über den Abend der MIG-Präsentation hinaus: „Deutschland lebt vom Mittelstand“, sagt Henrik Wärner und sieht das MIG als einen Auslöser, der einen jungen Menschen begeistern kann, eine Firma zu gründen. Deshalb weiß er zu schätzen, dass die Astro Motorengesellschaft ein Mittelständler ist, der „die jungen Leute reinschnuppern lässt“.

Gastgeber Astro Motorengesellschaft

Wer den Mittelstand nur für regional bedeutsam hält, liegt falsch. Bei der Firma Astro Motorengesellschaft arbeiten vor Ort 29 und weltweit 105 Menschen an Motoren, die uns überall begegnen. „Von vor der Geburt bis danach“, sagt Geschäftsinhaber Thomas Graudenz gerne, denn seine Firma stellt Motoren für Testmaschinen für Kondome her, im Laufe des Lebens treffen wir seine Motoren in Textilfirmen, Dönerdrehspießen und bei jedem Gang durch den Einlass in einen Supermarkt – und sofern man davon ausgeht, dass die Seele nach dem Tod in den Weltraum schwebt, kommt sie an der internationalen Raumstation ISS vorbei, auf der 16 Motoren der Astro Motorengesellschaft verbaut sind. „Wartungen übernehmen wir aber nur auf der Erde“, beendet Thomas Graudenz die Vorstellung seiner Firma augenzwinkernd.

Viel Arbeit, noch mehr Freude – und eine neue Fachkraft

Seit 2015 ist die Astro Motorengesellschaft regelmäßiger Gastgeber für das Unternehmerplanspiel MIG. Für den eigenen Betrieb bedeutet es einige Umstellungen im gewohnten Ablauf: Die Mitarbeiter verzichten auf ihren Pausenraum, Referenten werden empfangen und verabschiedet und überall sind junge Menschen in ihre Arbeit vertieft, die nichts mit Motoren zu tun hat. Andrea Graudenz kümmert sich vollumfänglich um die Jugendlichen: Sie sorgt für ein großzügiges Catering, steht als Ansprechpartnerin zur Verfügung und erfüllt all die kleinen Wünsche, die zwischendurch kommen – sei es ein gewünschter Ausdruck oder ein fehlender USB-Stick. Immer dabei sind die drei Hunde der Familie Graudenz, die als Betriebsklimaverbesserer bekannt sind. „Einige gehen erst auf die Hunde zu und dann auf uns. So ist das Eis auch bei Schüchternen schnell gebrochen“, erzählt Andrea Graudenz.

Gute Gastgeber: Andrea und Thomas Graudenz mit den Havanesern Fiete, Fridolin und Filou.

Gute Gastgeber: Andrea und Thomas Graudenz mit den Havanesern Fiete, Fridolin und Filou.

Die vielen Anforderungen außerhalb der normalen Arbeit nimmt Familie Graudenz aus mehreren Gründen gerne in Kauf. „Wir haben gerne Kontakt zu den jungen Menschen und ihrer Welt“, erklärt Andrea Graudenz, die es als Bereicherung empfindet, auch die aufwachsende Generation zu kennen. „Natürlich möchten wir auch gerne, dass Gutes über unser Haus nach draußen getragen wird, denn über die Gespräche ergibt sich vielleicht mal ein Praktikum oder ein neuer Mitarbeiter.“ Das hat bereits einmal geklappt: Einer der jetzigen Mitarbeiter ist nach einem MIG für ein Praktikum zur Astro Motorengesellschaft gekommen und mittlerweile arbeitet er als Mitarbeiter dort. Auch derzeit ist die Firma Astro Motorengesellschaft wieder auf der Suche nach neuen Mitarbeitern: Auf der Website erfahren Sie mehr darüber: www.astro-motoren.de/jobs.html

Die Woche mit den jungen Menschen war angenehm, sagt Andrea Graudenz: „Sie haben ruhig in ihren Gruppen gearbeitet und sich voll auf das Spiel eingelassen. Alle waren ganz fokussiert.“

Das MIG hinter den Kulissen

Die Jugendlichen waren nicht nur tagsüber ganz fokussiert, sondern oft ging die Arbeit Zuhause weiter. Claudia Torge hatte als Mutter von Zwillingen gleich zwei Kinder, die sie hinter den Kulissen beobachten konnte. „Es hat beiden richtig Spaß gemacht. Sie waren auch abends noch fleißig“, berichtet sie. Dabei waren die Jugendlichen anfangs noch schockiert von dem langen Tag (8:30-16:45 Uhr), der von ihnen erwartet wurde. „Nach dem ersten Tag waren sie schon begeistert.“ In den Abendstunden wurde telefoniert und die Präsentation weiter vorbereitet und das mit Erfolg. „Ich habe die Kinder bei der Präsentation alle nicht wiedererkannt. Sie waren so gut vorbereitet!“
Das Erlernen der wirtschaftlichen Prozesse hält die Grundschullehrerin Claudia Torge für wichtig, denn nicht jeder Jugendliche hat die Gelegenheit, Zuhause Einblick in mittelständische Firmen zu erhalten. Auch die ersten Erfahrungen in der Arbeitswelt haben ihre Kinder gemacht: „Man muss Kompromisse eingehen, Absprachen im Team treffen und mein Sohn war erstaunt, welche Gedanken man sich als Führungskraft machen muss – zum Beispiel, wie man das mit dem Urlaub der Mitarbeiter regelt.“

MIG als Instrument für Berufsfindung

„Ich konnte sehen, wie viel Spaß mir das gemacht hat und wie wichtig mir das ist“, sagt Jonas Torge, ein Teilnehmer des MIG. Der Schüler hatte für seine Gruppe die Website erstellt. Obwohl er durch die Referenten nun viel gelernt hat und einen besseren Überblick über die Berufswelt hat, sagt er klar: „Das war der Schritt, der mich überzeugt hat, mit Informatik weiterzumachen.“ Sicherheit bei der Berufswahl – auch wenn es (noch) nicht in die Wirtschaft geht.

Dass das MIG tatsächlich dazu anregt, sich für die Wirtschaft zu interessieren, zeigt eine Bemerkung von Jonas Torge: „Einer aus der Klasse hat sich überlegt, ob er sich noch auf ein wirtschaftliches Gymnasium ummelden kann“. Das Interesse ist also geweckt, leider müssen die Schülerinnen und Schüler sich des Gymnasiums Langen jedoch schon einige Monate vor dem MIG entscheiden, auf welches Gymnasium sie für ihr Abitur wechseln – und zu dem Zeitpunkt wusste der Schüler noch nicht, dass kurz darauf sein Interesse für die Wirtschaft geweckt wird. Es unterstreicht allerdings die Worte von Thomas Kühn: „Das MIG ist auch Instrument für Berufsfindung.“

Der Dank des Spielleiters Thomas Kühn gilt der Astro Motorengesellschaft, die zum wiederholten Mal ein toller Gastgeber war, der Dieckell Stiftung, die als Sponsor das MIG ermöglicht hat und unserem Netzwerk, das als Türöffner für viele Referenten sorgt.

Qualität oder häufige Kundenbesuche? Einkäufer können die Firmenwerte auf den Prüfstand stellen.

Wie viel Forschung in der Entwicklung des theoretischen Kühlkissens steckt, zeigte sich, nachdem die Frau links vorne fragte, wie das Kissen eigentlich funktioniert.

Das Sonntagsjournal berichtete am 5. Mai 2024 unter dem Titel „Schüler werden zu Jungunternehmern“ über das MIG des Gymnasiums Langen.


Text, Fotos und Videos: Janina Berger

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